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Montag, 8. August 2011

Washington ruft Staatsbürger aus Syrien nach Hause

Die USA rufen alle Amerikaner zum sofortigen Verlassen Syriens auf: US-Bürger sollten schnellstmöglich ausreisen, heißt es in einer Reisewarnung. In der abgeschotteten Protesthochburg Hama hat sich die Lage laut Augenzeugen inzwischen dramatisch verschlimmert.


Hamburg - Angesichts des schonungslosen Vorgehens der syrischen Regierung gegen Demonstranten hat die US-Regierung ihre Bürger aufgefordert, das Land zu verlassen. US-Bürger sollten ausreisen, solange dies noch mit kommerziellen Flügen möglich sei, hieß es vom Außenministerium in Washington.

Da die syrische Regierung die Bewegungsfreiheit der im Land befindlichen Diplomaten stark eingeschränkt habe, könne die US-Botschaft außerhalb der Hauptstadt Damaskus nur eingeschränkt ihre Dienste anbieten, hieß es in der Mitteilung weiter.




Zugleich wurden im US-Kongress Forderungen nach stärkeren Sanktionen gegen Präsident Baschar al-Assad laut. In einem Brief forderten 221 Abgeordnete beider Parteien die Regierung von Präsident Barack Obama auf, sämtlichen US-Unternehmen die Arbeit in Syrien zu untersagen.



Ende April hatte Washington seine Staatsbürger zur schnellen Ausreise aus dem Land aufgefordert und von Reisen nach Syrien abgeraten. Einige nicht unbedingt für die Arbeit der US-Botschaft notwendigen Mitarbeiter und die Familien aller Mitarbeiter der Botschaft wurden damals aufgefordert, Syrien zu verlassen.



Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), regte an, dass auch die EU ihre Botschafter abziehe solle, um den politischen Druck auf Damaskus zu erhöhen "und ein Signal an die syrische Gesellschaft zu senden". Das sagte Polenz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Es sei aber wichtig, dass alle Mitglieder der EU diesen Schritt gemeinsam gingen, damit die Wirkung "nicht verpufft".



Katastrophe in Hama



Die Sicherheitskräfte des Assad-Regimes hatten am Freitag erneut bei Massenprotesten das Feuer eröffnet und mindestens 24 Menschen getötet. Am Samstag wurde die Belagerung der seit Tagen abgeriegelten Stadt Hama verstärkt, in der nach Angaben von Bewohnern dramatische Zustände herrschen.



Berichten zufolge wurde mindestens ein Krankenhaus bei Bombardements getroffen. Hama sei inzwischen derart abgeriegelt, dass "nicht einmal eine Ameise" die Stadt betreten oder verlassen könne, sagte ein Bewohner der Nachrichtenagentur AP.


Am Freitag hatten Bewohner der Protesthochburg bereits berichtet, dass Material für die medizinische Versorgung zur Neige gehe. Die humanitäre Lage in Hama sei katastrophal, sagte ein Augenzeuge. In der Stadt gibt es seit sechs Tagen keinen Strom, kein Telefon und kein Internet.

Das staatliche Fernsehen zeigte Aufnahmen von brennenden Häusern und mit Schutt übersäten Straßen aus Hama. Die Streitkräfte hätten den von "Terroristen" angezettelten Aufstand in der Stadt beendet, hieß es in dem TV-Bericht.

Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen kamen beim Vorgehen der Regierungstruppen mindestens hundert Menschen ums Leben, andere schätzen die Opferzahl auf 250.

Golfstaaten fordern Ende der Gewalt

Die sechs Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrats forderten, die Gewalt müsse beendet werden, und es müsse "ernsthafte" Reformen in Syrien geben. Die Gruppe hatte sich bislang nicht zu der schweren Gewalt in Syrien geäußert.

Nötig seien eine "Rückkehr zur Vernunft" und "ernsthafte Reformen, welche die Rechte und die Würde des syrischen Volkes schützen und auf seine Forderungen eingehen", hieß es in einer Erklärung.

Zum Golfkooperationsrat gehören Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman und Katar. Der Rat sei angesichts des anhaltenden Blutvergießens besorgt und habe "ein großes Interesse an der Wahrung der Sicherheit, Stabilität und Einheit Syriens", hieß es weiter.

Die USA, Deutschland und Frankreich hatten zuvor erneut die anhaltende Gewalt der syrischen Führung gegen Demonstranten verurteilt. Syrische Sicherheitskräfte gehen seit Monaten gewaltsam gegen die Anti-Assad-Proteste vor. Seit deren Beginn wurden nach Angaben der in London ansässigen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte etwa 1650 Zivilisten sowie fast 400 Sicherheitskräfte getötet.

Angeblicher Deserteur: "Wir mussten töten"

Ein ehemaliger Offizier einer Eliteeinheit der syrischen Armee hat unterdessen in einem Zeitungsinterview behauptet, beim Vorgehen gegen unbewaffnete Demonstranten von seinen Kommandeuren den Schießbefehl erhalten zu haben. "Ich und andere Offiziere wurden angewiesen, selbst das Leben von Frauen und Kindern nicht zu verschonen", sagte Leutnant Ahmed Chalif der arabischen Tageszeitung "Asharq al-Awsat".

Chalif war nach seinen Angaben zur Unterdrückung von Protesten in der südsyrischen Stadt Daraa eingesetzt. Der desertierte Leutnant Chalif sagte in dem Interview, die Offiziere seiner Einheit hätten von den Vorgesetzten "den Auftrag zu Völkermordsaktionen" erhalten. Er selbst habe den Befehl verweigert. Daraufhin habe er "physisch liquidiert" werden sollen.

Seine Angaben lassen sich nicht direkt überprüfen. Die Zeitung machte auch keine Angaben darüber, unter welchen Umständen Chalif von seiner Einheit desertierte und wo er sich gegenwärtig aufhält. Seine Sicherheit solle nicht gefährdet werden, hieß es dazu.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) glaubt indes nicht mehr an eine politische Zukunft Assads. Angesichts der Gewalt gegen Demonstranten könne Assads Angebot zum Dialog mit der Opposition nicht ernst genommen werden, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Die massive Anwendung von Gewalt zeigt, dass das Regime für seinen Machterhalt vor nichts zurückschreckt."



Quelle: amz/dpa/Reuters/AFP/AP



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