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Montag, 8. August 2011

Assads letzte Verbündete

Nach der Niederschlagung der Proteste ist Syriens Diktator Assad zunehmend isoliert. Nur noch wenige Verbündete stehen zu ihm - und diese haben selbst keinen guten Ruf: Nordkorea, Iran und die Hisbollah.


Syrien muss die Gewaltanwendung gegen die eigene Bevölkerung beenden, eine Untersuchung der blutigen Niederschlagung der Proteste durch den Uno-Menschenrechtsrat wurde jedoch nicht gefordert: Die am Mittwoch im Uno-Sicherheitsrat verabschiedete Erklärung zu Syrien ist seicht, aber dennoch eine Niederlage für Präsident Baschar al-Assad. Denn nachdem sie sich wochenlang gegen eine Verurteilung Syriens gestemmt hatten, haben nun auch Russland und China das im Ton nur milde mahnende Papier unterschrieben.


Für Assad muss das ein Warnsignal sein. Angesichts des brutalen Vorgehens seiner Sicherheitskräfte gegen das eigene Volk sehen sich selbst seine Unterstützer genötigt, zumindest in der Öffentlichkeit auf Abstand zu gehen. Dabei war es Assad vor dem Ausbruch des arabischen Frühlings nach Jahren der Eiszeit gelungen, sich sowohl Europa als auch den USA wieder anzunähern. Doch dann verpasste er es, dem Aufstand gegen sein Regime mit weitreichenden Reformen den Schwung zu nehmen.




Jetzt steht der gelernte Augenarzt und Diktatorensohn zunehmend isoliert da. Offen bekennen sich derzeit nur wenige zum syrischen Regime - kaum eine Regierung will mit Bildern in Zusammenhang gebracht werden, auf denen Panzer gegen Demonstranten rollen. Ankara, in den vergangenen Monaten bemüht, sich als Vermittler zwischen Syrien und Israel zu profilieren, geht auf Abstand. "Die Türkei will sich in der Region als Brückenbauer etablieren, da muss sie sich die Neutralität erhalten", sagt Margret Johannsen, Politologin am Institut für Friedensforschung in Hamburg.



Anderen arabischen Herrschern wie denen in Saudi-Arabien läge zwar viel daran, den Status quo in Syrien zu erhalten, doch ein lautes Bekenntnis zu Assad scheuten auch die Saudis. "Die sehen zu und warten ab", so Johannsen.



Und so bleiben der Regierung in Damaskus nur einige wenige Unterstützer - keiner von ihnen mit einwandfreier Reputation:



Nordkorea: Mitte April belegte Pjöngjang Assad zum 65. Jahrestag der syrischen Unabhängigkeit noch einmal mit Lobhudeleien. Unter seiner weisen Führung genieße Syrien hausgemachten Fortschritt, feierte die staatliche Tageszeitung "Rodong Sinmun" die Leistungen des Despoten. Da waren schon Hunderte von Demonstranten tot.


Die engen Bande zwischen den Assads und dem Kim-Clan reichen weit zurück. Assad junior war nach dem Tod seines Vaters kaum ein Jahr im Amt, da registrierte der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad Besuche nordkoreanischer Abgesandte im Präsidentenpalast von Damaskus: Es sollen im Auftrag von Pjöngjang agierende Waffenhändler gewesen sein, die dem im Jahr 2000 auf seinen Vater nachfolgenden Baschar al-Assad ihre Waren anboten.

Die Beziehungen zwischen Damaskus und Pjöngjang waren und sind so gut, dass die USA sie gleich auf der "Achse des Bösen" orteten: Nordkorea verkauft Syrien Waffen und erhält im Gegenzug Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände aus syrischer Produktion. 2007 wurde das gute Verhältnis zwischen Damaskus und Pjöngjang deutlich, als Israel in einem nächtlichen Luftangriff eine geheimnisvolle Anlage im Westen Syriens zerstörte. Bei den Gebäuden handelte es sich um Nuklearreaktor, bestätigte die Atomenergiebehörde IAEA später. Er sei mit nordkoreanischer Hilfe gebaut und habe Syrien in die Lage versetzt, Plutonium für Atomwaffen herzustellen, urteilte Washington.

Das Verhältnis zu Pjöngjang dürfte von den Aufständen in Syrien nicht weiter beeinträchtigt werden: Diktator Kim Jong Il hält selbst nichts von Menschenrechten, rund 2000 getötete Demonstranten in Syrien dürften ihn kaltlassen.

Iran: Dass das betont säkulare Syrien beste Beziehungen zur Islamischen Republik Iran unterhält, scheint auf den ersten Blick erstaunlich. Doch die gemeinsamen Feinde - allen voran die USA und Israel - schweißen beide Länder zu Partnern in der Region zusammen.

Die engen Bande zu Syrien ermöglichen es Iran, die Schiiten-Miliz Hisbollah im Libanon zu protegieren: Deren Nachschub an Waffen wird über den Landweg von Iran durch Syrien nach Libanon gebracht. Die Hisbollah als Handlanger Teherans sitzt an Israels Nordgrenze und damit an entscheidender Stelle: Mit Hilfe der Partei Gottes kann Iran jederzeit Druck auf Israel ausüben - ein unbezahlbarer strategischer Vorteil.

Im Gegenzug zu Syriens Entgegenkommen beim Waffenschmuggel zeigt sich Teheran großzügig: Mit gut drei Milliarden Dollar soll Teheran die syrische Öl- und Autoindustrie, den Ausbau des Telekommunikationsnetzes und den Neubau von Wohnungen fördern. Eine Million Iraner pilgern zudem jährlich zu heiligen Stätten in Syrien und bescheren der Tourismusbranche viel Geld.

Der Aufstand gegen Assad hat Teheran in eine unangenehme Lage gebracht. Obwohl Irans Führer die Revolten in Tunesien und Ägypten als legitime Volksaufstände gefeiert hatten, konnten sie im Fall Syrien schlecht dasselbe tun. Ein möglicher Regimewechsel in Damaskus würde Teherans Zugriff auf die Hisbollah erschweren und so die Position in Nahost schwächen: Also verfiel Teheran angesichts der Unruhen im Nachbarland in ungemütliches Schweigen.

Angeblich soll Iran gar den syrischen Sicherheitskräften bei der Niederschlagung des andauernden Aufstands helfen: Darüber gebe es glaubhafte Informationen, hieß es im Frühjahr aus dem US-Außenministerium.

Libanon: Seit Januar hat das kleine Nachbarland Syriens eine von der Hisbollah dominierte Regierung. Seitdem ist die libanesische Politik - trotz heftigster Proteste der prowestlichen Opposition - wieder betont Syrien-freundlich.

Sechs Jahre lang hatte zwischen den beiden Nachbarn Eiszeit geherrscht: Nachdem im Frühjahr 2005 der ehemalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri Opfer eines Polit-Mordes wurde, fiel der Verdacht sofort auf Damaskus. Der sich Bahn brechende Volkszorn jagte die Syrer davon, die den Libanon zuvor jahrzehntelang besetzt hielten.

Doch die prowestliche Regierungskoalition zerbrach. Seit Juni regiert der Hisbollah-nahe Geschäftsmann Nadschib Mikati den Zedernstaat, der derzeit als einziges arabisches Land im Uno-Sicherheitsrat sitzt. Dort enthielt sich der Libanon erst der Stimme, um die Syrien-Erklärung möglich zu machen, distanzierte sich nach der Abstimmung jedoch umgehend von der Kritik an Assad.

Die Hisbollah, mächtigster Faktor der libanesischen Politik, muss den Sturz Assads aus den gleichen Gründen fürchten wie Iran: Ein Regimewechsel in Damaskus könnte den Waffen-Nachschub für die Schiitenmiliz und so ihre Machtposition gefährden.



Quelle: Spiegel Online


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