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Montag, 8. August 2011

Sicherheitsrat einigt sich auf seichte Syrien-Erklärung

Seit Wochen lässt Syriens Machthaber Assad seine Soldaten auf Demonstranten schießen - jetzt erst hat der Sicherheitsrat eine Erklärung verabschiedet. Darin fordert die Uno ein Ende der Menschenrechtsverletzungen. Ernste Konsequenzen muss der Diktator aber nicht fürchten.



New York - Endlich, nach wochenlangen zähen Verhandlungen, hat sich der Uno-Sicherheitsrat auf eine gemeinsame Haltung zur Gewalt gegen Demonstranten in Syrien geeinigt. Die 15 Nationen im Sicherheitsrat beschlossen am Mittwoch eine sogenannte Präsidentielle Erklärung. Deutschlands Uno-Botschafter Miguel Berger sprach von einem "klaren Signal". Ein Resolutionsentwurf habe allerdings schon zwei Monate auf dem Tisch gelegen: "Erst jetzt, Hunderte Tote später, konnte der Widerstand überwunden werden."



In dem nun verabschiedeten Papier heißt es, die syrische Führung müsse die Menschenrechtsverletzungen und die Gewaltanwendung gegen die Bevölkerung beenden. Eine Erklärung hat aber nicht die Tragweite einer Resolution, wie sie von europäischen Sicherheitsratsmitgliedern gefordert worden war, und kann auch nicht mit Strafen wie einem Handelsembargo oder Kontosperrungen verbunden werden.


Auch die Forderung nach einer Untersuchung des Uno-Menschenrechtsrats zur Niederschlagung der Proteste wurde fallengelassen. In dem Text werden die syrischen Behörden aufgefordert, die "Menschenrechte zu respektieren und ihren Verpflichtungen entsprechend des internationalen Rechts nachzukommen". Diejenigen, die für die Gewalt verantwortlich seien, sollten dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Bislang hatten vor allem die ständigen Ratsmitglieder China und Russland Vorbehalte gegen eine Verurteilung Syriens angemeldet und damit eine Resolution unmöglich gemacht. Als Konzession an Russland, China und andere Ratsmitglieder gilt jetzt eine Passage, in der beide Seiten zur Zurückhaltung ermahnt werden und die Bevölkerung aufgerufen wird, von Angriffen auf staatliche Einrichtungen abzusehen.

Weißes Haus in Washington: "Ohne Assad wäre es in Syrien besser"

Erst nachdem Änderungen an dem Papier vorgenommen worden waren, hatte Russland seinen Widerstand aufgegeben. Derweil suchen die USA auch nach eigenen Angaben nach Wegen, den Druck auf die Regierung in Damaskus zu erhöhen. Präsident Baschar al-Assad sei für die Instabilität in seinem Land verantwortlich, sagte der US-Regierungssprecher am Mittwoch. "Ohne Präsident Assad wäre es in Syrien besser", erklärte er.

Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon soll innerhalb einer Woche Bericht über die Situation in Syrien erstatten. Ban forderte Damaskus ebenfalls zu politischen Reformen auf und verlangte grundlegende Freiheiten für das syrische Volk. Der Tod so vieler Demonstranten sei "grausam schockierend".

12.000 politische Gefangene

Die syrischen Sicherheitskräfte gehen seit mittlerweile fünf Monaten gewaltsam gegen die Protestbewegung im Land vor. Die Uno schätzen, dass bisher mindestens 1500 Menschen in Syrien von den Schergen des Regimes getötet, 12.000 Syrer als politische Gefangene inhaftiert wurden und mindestens 3000 Menschen verschwunden sind.

Mit dem Sturm der Armee auf die Stadt Hama hatte die Gewalt am Wochenende mit vielen Toten einen neuen brutalen Höhepunkt erreicht. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen wurden bei der Niederschlagung der Proteste Hunderte Demonstranten getötet, es soll ein regelrechtes Massaker stattgefunden haben. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich, da Syrien die meisten ausländischen Journalisten ausgewiesen hat.


Die Militäraktion gegen die Zivilbevölkerung hat eine Welle der Empörung in vielen Ländern ausgelöst. Auch am Mittwoch berichteten Regimegegner, massive Panzerverbände seien auf den Orontes-Platz im Zentrum der Protesthochburg Hama vorgerückt . Doch bislang hatte sich die Uno nicht auf eine gemeinsame Linie gegen das Assad-Regime einigen können. Neben Russland hatten auch China, Indien, Brasilien und Südafrika einer Erklärung mit Skepsis gegenüberstanden.

"Deutschland muss seine guten Beziehungen nutzen"

Obgleich sich auch Deutschland um eine Resolution des Uno-Sicherheitsrates gegen Syrien bemüht hatte, kritisieren SPD und Grüne, Berlin tue nicht genug - die Opposition wirft der Regierung Unentschlossenheit und Passivität in der Syrien-Politik vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wiesen die Vorwürfe am Mittwoch zurück. Merkel verfolge mit großer Sorge, wie das Regime "mit brutaler Waffengewalt gegen die eigene Bevölkerung vorgeht", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans.


"Deutschland muss endlich seine guten Beziehungen zu Russland nutzen, um Assads Regime konsequent zu isolieren", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gegenüber der "Berliner Zeitung". SPD-Fraktionsvize Gernot Erler sagte der Zeitung, Deutschland gehöre zu den wichtigsten Partnern Russlands und Chinas. "Warum wurden die Treffen in den letzten Wochen in Berlin und in Hannover nicht dazu genutzt, um die Russen und die Chinesen davon zu überzeugen, von ihrer Haltung im Sicherheitsrat abzurücken? Ich habe keinerlei Aktivitäten auf bilateraler Ebene dazu feststellen können", sagte der frühere Staatsminister im Außenministerium.



Zur Entscheidung der Regierung in Rom, den italienischen Botschafter aus Damaskus abzuziehen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts, man nehme diesen Schritt mit Respekt zur Kenntnis. Allerdings wolle Berlin auch mit Blick auf die schwierige Informationslage seinen Vertreter bis auf weiteres in Syrien belassen.

Italien hatte am Vortag seine EU-Partner aufgefordert, ebenfalls mit einem Abzug der Botschafter gegen das brutale Vorgehen des Regimes zu protestieren.



Quelle: lgr/dpa/AFP/Reuters









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